Automatismen auf Zuruf: KI im CAFM

Neben rein tabellarischen Übersichten liefert KI auch Hinweise zu Fehlfunktionen, kann proaktiv Empfehlungen ausgegeben und je nach Ausprägung auch direkt die Gebäudetechnik steuern - Bild: RIB IMS
Neben rein tabellarischen Übersichten liefert KI auch Hinweise zu Fehlfunktionen, kann proaktiv Empfehlungen ausgegeben und je nach Ausprägung auch direkt die Gebäudetechnik steuern – Bild: RIB IMS

CAFM-NEWS – Spätestens mit dem Launch von ChatGPT 3 vor gut einem Jahr ist künstliche Intelligenz ein akutes Thema. Tatsächlich ist die Arbeit mit Algorithmen aber schon wesentlich länger ein IT-Thema und auch in CAFM-Software zu finden – und manchmal auch dort, wo es gar nicht vermutet wird.

Soweit, dass KI im Verbund mit CAFM-Software eingepflegte Gebäude zu autonom handelnden Objekten macht, ist es noch nicht, wobei das einige der Hersteller als ferne Perspektive durchaus für möglich halten. Aktuell sind die Pläne deutlich schmaler gestrickt und beschränken sich zumeist auf Teilbereiche – oder Teile von Teilbereichen. Im Einsatz sind dabei weniger Chatbots als stimmlose Rechenroutinen, die im Abgleich von Istwert und Sollwert beispielsweise Meldungen auslösen. Auf die Frage, wie der aktuelle Stand in Sachen KI sei, fiel die Antwort bei einer Reihe von CAFM-Anbietern sehr ähnlich aus: „Wir beschäftigen uns derzeit intensiv mit diesem Thema und sind in der Entwicklung, möchten uns aber zum aktuellen Entwicklungsstand nicht äußern“, war der Tenor der Rückmeldungen.

Vielfältige Überlegungen

Allerdings gibt es auch dort, wo noch kein Produkt zu kaufen ist, eine Reihe von Überlegungen, wie sich die neue autonome Technologie nutzbringend einsetzen ließe. „Geeignete Felder wären Predictive Maintenance, Energiemanagement, Wartung und Instandhaltung, die effiziente Nutzung von Flächen und auch die Sicherheitsüberwachung“, sagt Edina Baumert vom Marketing der InCaTec Solution. Das Systemhaus aus Münster ist deutscher Exklusivvertriebspartner für die CAFM-Software Axxerion der Nemetschek-Gruppe. Deren CAFM-Bereich Spacewell arbeitet derzeit mit Hochdruck an der konkreten Umsetzung einer Strategie, die darauf abzielt, KI und maschinelles Lernen einzusetzen, um datenbasierte Energieinformationen bereitzustellen und die Energiewende voranzutreiben. Außerdem sollen KI und IoT integriert werden, um intelligente Gebäudelösungen zu schaffen, die den Komfort, das Wohlbefinden und die Produktivität der Nutzer steigern. Darüber hinaus soll KI und BIM genutzt werden, um das Gebäudemanagement über den gesamten Lebenszyklus hinweg zu optimieren und effizientere, auf Aktivitäten basierende Dienstleistungen und Wartung anzubieten.

Teilweise schon Erfahrung

Lang ist die Liste der Möglichkeiten auch bei Kessler Solutions, allerdings schon in Anwendung: „In den Bereichen und Themenstellungen der Sensorüberwachung, Energieeffizienz, des Auftragsmanagements, auch zusammen mit Dienstleistern, der Daten- und Prozessanalyse und der Optimierung von Dienstleistungen findet KI bereits Anwendung“, erläutert Marcus Mühlberg, Leitung Produkt- und Innovationsmanagement bei den Leipzigern.

„Wir nutzen in der Speedikon Firmengruppe KI initial seit 2012“,
berichtet Hans Werner Eirich, Vice President des CAFM-Hauses aus Bensheim. Anwendungsgebiete sind hier Prognosen, Energie- und sonstige Verbräuche sowie Regressionsanalysen. Um die KI-Kenntnisse zu vertiefen, wurde 2017 eigens das Forschungslabor B-IT Lab geschaffen und 2022 schließlich eine Forschungsgesellschaft ausgegliedert. KI-Forschung betreibt auch
Keßler Solutions. Die Leipziger befassen sich seit rund fünf Jahren intensiv KI, unter anderem im Rahmen von drei Forschungsprojekten. Der Fokus bei Forschung wie Entwicklung liegt in der Bewirtschaftung von Immobilienbeständen. Entsprechend finden sich die Algorithmen in allen Produktbereichen und Prozessen wieder.

Nicht alles Home-made

Bei der Integration von Algorithmen setzen die CAFM-Anbieter teils auf eigene Entwicklungen, teils nutzen sie Produkte von Drittanbietern. Ein Mix aus beidem ist zum Beispiel bei Speedikon zu finden: „Wir entwickeln eigene Komponenten und Werkzeuge, nutzen aber auch am Markt verfügbare KI-Modelle“, sagt Vice President Eirich. Halb-und-halb gestaltet sich die KI-Thematik auch bei RIB IMS. „Zum einen entwickeln wir selbst Algorithmen, um bestimmte Steuerungs- und Kontrollfunktionalitäten zu automatisieren“, sagt Dr. Christof Duvenbeck, Head of Sales & Research beim Anbieter. „Auf der anderen Seite integrieren wir mit dem EcoStuxure Building Advisor von Schneider Electric ein Produkt unseres Mutterkonzerns.“ Eine Mischung aus Selbermachen und Zuarbeiten lassen findet sich auch bei Keßler Solutions: „Wir setzen auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit beispielsweise mit den Forschungseinrichtungen, um die Wirksamkeit und Optimierung der Algorithmen voranzubringen“, erklärt Produktmanager Mühlberg.

 

Mit KI lassen sich heute bereits umfangreiche TGA-Daten anzeigen und auswerten – Bild: Schneider Electric

Mit KI lassen sich heute bereits umfangreiche TGA-Daten anzeigen und auswerten – Bild: Schneider Electric

 

Praxisnutzen

Ein zentraler Fokus bei der KI-Integration ist Praxisnutzen. „Themen wie Doppelbeauftragungen, Leerfahrten oder fehlende Arbeitskarten werden durch die KI identifiziert und den Bearbeiter angezeigt“, benennt Mühlberg einige Anwendungsszenarien. Deutlich umfangreicher ist das Einsatzspektrum bei Speedikon. „Wir setzen KI im Bereich Energie- und Ressourcen-Management ein, speziell für Energieprognosen, für Analysen und auch im Lastmanagement. Darüber hinaus findet KI Anwendung bei Mustererkennung und bei optimierten Suchen“, sagt Hans Werner Eirich. „Ebenso nutzen wir Speech-to-Text zur Spracheingabe in die Plattform und KI kommt bei der Übersetzung unserer zahlreichen Sprachversionen zum Einsatz“, rundet er die Aufzählung ab. Speedikon-Tochter Framence nutzt KI dagegen für die Erstellung fotorealistischer digitaler Zwillinge, Bild- und Objekterkennung sowie zur Analyse.

Viele Vorteile

Fakt ist aber: Für CAFM-Häuser ist KI kein ausgeprägtes Marketinginstrument. „Unsere selbst entwickelten, regelbasierten Steuerungsautomatismen sind als Baustein ihrer jeweiligen Module schlicht eine Funktionsergänzung“, beschreibt Dr. Christof Duvenbeck von der RIB IMS das Vorgehen in Dinslaken. So halten es auch die meisten anderen Hersteller. „Wir sehen das Thema als Erweiterung der Basisfunktionalitäten an“, bestätigt Marcus Mühlberg von Keßler Solutions. Dort hilft sie, Kosten einzusparen, im Bereich der Beauftragung beispielsweise zwischen 15 und 25 Prozent. Außerdem verbessert sie die Arbeitsergebnisse. „KI bringt einen qualitativen Sprung in der Analyse komplexer Prozesse und deren Vereinfachung, in der Optimierung von Analysen, Suchen und Auswertungen sowie eine signifikante Beschleunigung dieser Prozesse und Arbeits-Abläufe“, summiert Speedikon-Vice President Eirich. Alltagstauglichkeit, Kostensenkung und Qualitätssteigerung – das sind die Einsatzgebiete von KI im CAFM. Derzeit.

 

 

Dieser Beitrag erschien zuerst in Ausgabe 12/2023 unseres Schwestermagazin „Der Facility Manager“.



Abbildungen: RIB IMS, Schneider Electric

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