Schnittstellen-Anbindung an CAFM – Bedeutung für den Mittelstand
CAFM-NEWS – Immer mehr Unternehmen in der Baubranche planen und bauen inzwischen unter Einsatz der BIM-Methode. Der nächste Schritt, die Anpassung und Weiternutzung der Modelldaten für den Betrieb, steht jedoch vielerorts noch aus. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) haben hier Nachholbedarf. Dabei wird die Anbindung an das Facility Management vor dem Hintergrund der Kreislaufwirtschaft immer wichtiger. Thomas Kirmayr, Leiter des Mittelstand-Digital Zentrums Bau und Geschäftsführer der Fraunhofer-Allianz Bau und, informiert.
Herr Kirmayr, Sie beschäftigen sich am Fraunhofer IBP intensiv mit der Schnittstellenanbindung von BIM-Informationen, also modellbasierten Daten, an das Computer-Aided Facility Management (CAFM). Vor welchen besonderen Herausforderungen stehen KMU bei diesem Thema?
Kirmayr: Grundsätzlich ist die Schnittstellen-Anbindung eine wichtige Frage, also wie sich die Informationen aus den BIM-Planungsmodellen möglichst fehlerfrei in die CAFM-Werkzeuge übertragen lassen. Während Großunternehmen in der Regel mit umfangreichen klassischen Softwarelösungen arbeiten, setzen KMUs häufiger auf einfachere Systeme. Teilweise ersetzen sogar Excel-Tabellen anwendungsspezifische Systeme. Solche pragmatischen und kostengünstigen Varianten ermöglichen zwar einen einfachen Einstieg. Sie verfügen aber nur selten über die notwendigen Schnittstellen für den Datentransfer.
Stellt auch die Auftragsart eine Herausforderung dar?
Kirmayr: Ja, im Neubau werden die Planungsdaten zuerst erstellt und fließen anschließend in das CAFM ein. Bei einer Sanierung müssen die KMUs jedoch zunächst die Bestandsdaten erfassen. In Verbindung mit dem CAFM muss dies sehr exakt erfolgen und erfordert darüber hinaus eine intensive Auseinandersetzung mit digitalen Planungslösungen. Nur wenn das Bestandsmodell richtig strukturiert ist, kann es als Planungsmodell weiterverwertet werden. Andernfalls sind die Daten nicht nutzbar oder werden aus Angst vor der Schnittstellenproblematik gar nicht als digitales Bestandsmodell erfasst.
Welche Möglichkeiten haben KMU, um die Schnittstellen zu schaffen – wenn diese noch nicht in der eigenen Software integriert sind?
Kirmayr: Kleinere Unternehmen haben das Problem, dass die Lizenzkosten der Softwareanbieter oft zu hoch für sie sind. Einen Ausweg bieten dann systemoffene Lösungen, die auf offenen Standards wie dem IFC-Standard basieren. Er ermöglicht die Zusammenführung von Daten aus unterschiedlichen Anwendungen und bringt damit große und kleine Datengeber und -empfänger auf eine Ebene.
Um die Schnittstellen zu schaffen, können KMUs zum Beispiel den CAFM-Connect Editor nutzen. Entwickelt vom CAFM-Ring e.V., einer gemeinnützigen Initiative von CAFM-Anbietern, -Beratern und Facility Management-Unternehmen, soll dieser einheitliche und offene Datenstandard auf IFC-Basis die Zusammenarbeit in der Branche vereinfachen. Die Software, kann frei und kostenlos heruntergeladen werden und ermöglicht die Erfassung von Gebäuden, deren Bauteilen und hinterlegten Dokumenten auf Basis von harmonisierten BIM-Profilen. Sie ist in kompatiblen CAFM-Systemen einsetzbar und lässt sich ohne Installation an jedem Arbeitsplatz zum Betrachten und Editieren nutzen. Die Software schließt damit die Lücke zwischen der BIM-basierten Struktur und den erfassten Daten und erleichtert die korrekte sowie vollständige Anlage der Gebäudedaten als Voraussetzung für einen sicheren und gesetzeskonformen Betrieb sowie den Übertrag der Daten in IFC-BIM-Modelle.
Zu welchem Zeitpunkt müssen diese Informationen in die BIM-Modelle einfließen?
Kirmayr: So früh wie möglich. Denn was am Anfang nicht schon in die Modelle eingeflossen ist, lässt sich später für den Betrieb nicht übernehmen.
Unabhängig von diesem Angebot – inwieweit nutzen KMU die Datenübertragung in das CAFM bereits?
Kirmayr: Leider noch zu wenig. Dabei braucht der Mittelstand Lösungen, die in der realen Arbeitswelt funktionieren – was für die heutigen Lösungen nicht in jedem Fall gilt. Daher sollte der Mittelstand im eigenen Interesse eine proaktive Rolle einnehmen, um Veränderungen zu schaffen.
Wie unterstützen Sie die interessierten Protagonisten aus dem Mittelstand dabei?
Kirmayr: Wir versuchen, die Führungsebene in Unternehmen für Lösungen zu sensibilisieren, mit denen die Betriebe die jeweils relevanten Herausforderungen konkret beantworten können. Wir haben für digitale Geschäftsprozesse beispielsweise Checklisten entwickelt, um den eigenen Bedarf zu identifizieren und auf dieser Basis das beste System für den individuellen Anspruch herauszufiltern. Darüber hinaus gründen wir Anwendergruppen und begleiten sie mit weiteren Impulsen. Gleichzeitig wächst aktuell das Angebot an exakt ausgearbeiteten Merkmalsmodellen zu verschiedenen Betreiberpflichten weiter und steht über die CAFM-Connect Plattform zur Verfügung.
In Zusammenarbeit mit dem CAFM-Ring bieten wir im Mittelstand-Digital Zentrum Bau Anwenderschulungen an, unter anderem zum CAFM-Connect Editor. Außerdem bauen wir gerade einen Anwendungsdemonstrator mit einem Beispielgebäude auf, um die Erklärungen noch verständlicher zu machen. Die Anwenderinnen und Anwender werden Schritt für Schritt durch den Prozess geführt, von der Bestandsaufnahme bis zum Übertrag der Daten aus den Planungsmodellen in die weiterführenden IT-Systeme.
Wie wirkt sich der Lebenszyklusgedanke auf die Weiterführung der Schnittstellenanbindungen aus?
Kirmayr: Wenn wir den Lebenszyklus im Bau besser und nachhaltiger gestalten wollen, müssen wir zunächst die Ausgangssituation kennen, um die Potenziale zu sehen. Aber ohne Digitalisierung werden wir die Fragen der ressourcenschonenden Kreislaufwirtschaft nicht beantworten und steuern können. Die Lösungen, auch kostenfreie, gibt es bereits. Es geht also mehr um das Wollen als um das Können. Dabei gilt: Dem nächsten Schritt – digitale Informationsauflistung und -weitergabe über BIM – kann sich kein Unternehmen entziehen, egal wie groß oder klein es ist. Das ist schon deshalb der Fall, weil die Finanzwirtschaft Finanzierungen inzwischen an Informationen zu den Qualitäten eines Gebäudes knüpft, von Materialangaben bis zu Energiekennzahlen.
Auch bei Bestandsobjekten werden solche Informationen nachgefragt und bei Finanzierungen z.B. von Maschinen, für die die Betriebe ihre Assets als Sicherheiten angeben. Sind diese Daten nicht vorhanden, werden immer häufiger Risikoaufschläge berechnet. Insofern ist die Digitalisierung für die Zukunftsfähigkeit aller Betriebe relevant oder sogar existenziell. Das betrifft ebenso den Klein- und Mittelstand.
Die Fragen stellte Christine Ryll; rylltext
Abbildungen: Pakin/stock.adobe.com, Mittelstand-Digital Zentrum Bau