Prof. Thomzik: Betreiberverantwortung hat das Zeug zum Dauerbrenner

Prof. Markus Thomzik sieht bei Betreiberverantwortung noch viel Potenzial

Prof. Markus Thomzik sieht bei Betreiberverantwortung noch viel Potenzial


(cafm-news) – Prof. Markus Thomzik moderiert auf dem Messeforum der INservFM 2016 die Expertenrunde des CAFM-Rings mit dem Titel „Noch immer unterschätzt? Der unmittelbare Nutzen von CAFM für die Betreiberverantwortung im Facility-Management: Und wie ein nachhaltiges Datenmanagement die Verantwortlichen ruhiger schlafen lässt.“ Angeboten wird die Expertenrunde am Mittwoch, 24.02.2016, ab 10.15 Uhr in Halle 11.0 auf Stand E 40.

Da Betreiberverantwortung zwar auf der Messe inzwischen eine thematische Konstante ist, trotzdem aber nach wie vor ein arg vernebeltes Neuland für viele darstellt, haben wir dem Moderator der Runde einige Fragen gestellt. Seine Antworten liefern Raucherbeine, Must-haves und den Blick auf gerichtsfeste Organisation.


CAFM-News: Herr Prof. Thomzik, ist Betreiberverantwortung im Kommen?

Prof. Thomzik: Mein Eindruck ist, dass es ein Thema ist, das nicht als besonders sexy gilt, gleichzeitig aber den Professionalisierungsgrad unserer FM-Branche bereits in den letzten Jahren insgesamt hat ansteigen lassen. Ablesen lässt sich die Bedeutung alleine an der Bundesfachtagung Betreiberverantwortung, die nun im fünften Jahr das Format der ehemaligen FM-Messe in Frankfurt deutlich aufgewertet hat, oder auch an den verkauften Stückzahlen der Richtlinien aus diesem Bereich, die so manches selbst ernannte Hype-Thema in den Schatten stellt. Und es gibt nach meiner bescheidenen Beobachtung kaum einen FM-Vortragenden mehr, der nicht wenigstens in einem Halbsatz versucht, sein Thema mit Bezug zur Betreiberverantwortung aufzuwerten.


CAFM-News: Ist Betreiberverantwortung auch schon bei den Verantwortlichen angekommen?

Prof. Thomzik: Wir unterscheiden bei den persönlichen Betreiberpflichten die Verantwortlichen für Organisations-, für Führungs- und für Durchführungspflichten. Wenn wir hier mal auf die Unternehmensleitung abzielen, gibt es sicher eine große Spreizung bei der Umsetzung dieses Themas. Manche haben sich kaum auf den Weg gemacht und andere sind schon ein gutes Stück der Wegstrecke gegangen. Die Frage ist: Können sie überhaupt am Ziel ankommen? Ich glaube, dass alleine der Betriebsinhaber des Handwerks morgens nicht nur auf-, sondern angesichts der Dichte des inzwischen sogar internationalen Regelwerkes auch immer mit einem Bein in der JVA steht. Aber auch Führungskräfte sind hier in mehrfacher Hinsicht von zentraler Bedeutung: Sie sind Machtpromotoren, Verantwortliche, Förderer und gleichzeitig Betroffene. Wie so oft, ist die Handlungsbereitschaft aber nur hoch, wenn der persönliche Handlungsdruck auch groß genug ist. Wenn nicht gerade mal was passiert, ist es bei diesem Thema recht schwierig, den Handlungsdruck vorzuverlagern. Der Schaden, die unmittelbaren Folgen für den Einzelnen sind so abstrakt und scheinbar weit weg. Der Raucher lässt sich ja auch nur selten von den Schockbildern auf seiner Zigarettenschachtel beeindrucken, sondern – wenn überhaupt – erst vom eigenen Raucherbein.


CAFM-News: Denken Sie, dass Betreiberverantwortung ein Schlüsselthema der kommenden Jahre werden wird?

Prof. Thomzik: Es ist ein Schlüsselthema und hat das Zeug zum wahren Dauerbrenner. Die Entwicklungsreserven sind in Summe noch groß. Und: Die Betreiberverantwortung ist schließlich kein „Nice-to-have“-, sondern ein „Must-have“-Thema. Es handelt sich nicht um ein modisches Beraterthema, das wie so manch’ andere Sau durchs FM-Dorf betrieben wird, um einen neuen Insiderkreis mit Tagessätzen zu versorgen.


CAFM-News: Was kann allgemein getan werden, um Betreiberverantwortung und die damit einhergehenden Anforderungen in den Köpfen der Verantwortlichen bleibend zu verankern?

Prof. Thomzik: Vielfach wird hier der längst überholte Mythos der klassischen Weiterbildung bemüht. Man weiß aber heute, dass eine sinnvolle Kompetenzentwicklung nur zu weniger als 20 Prozent in einer institutionalisierten Weiterbildung stattfindet, dass also alleine eine Wissensvermittlung oder auch ein Wissensmanagement(-system) die Kompetenzdefizite kaum beheben kann. Denn Schwimmen lernt man nicht auf der Schulbank, im Internet oder in Datenbanksystemen, sondern im Wasser. Dabei kann es ganz sinnvoll sein, neben dem Schwimmen auch das explizite Wissen über die Technik des Schwimmens zu vermitteln. Nur die Kausalität, aus einer schlichten Wissensvermittlung oder dem Abonnement einer noch so gut gepflegten Datenbank folge Handlungsfähigkeit oder gar eine gerichtsfeste Organisation des FM, ist naiv. Es bedarf einer integrierten Personal- und Organisationsentwicklung im FM.


CAFM-News: Braucht Betreiberverantwortung nicht zuerst einmal juristischen Beistand statt einer Software-Installation?

Prof. Thomzik: Ja, sehr richtig! Juristische Expertise ist wohl die notwendige Bedingung in diesem Thema. Ein CAFM-System ist danach aber ein sehr wertvolles Werkzeug. Auch bei der Betreiberverantwortung geht es darum, die richtigen Dinge auch richtig zu tun. Es geht auch um (Umsetzungs-)Effizienz. CAFM alleine macht den schlechten Prozess im FM nicht besser, kann aber den guten Prozess zuverlässiger und schneller machen.


CAFM-News: Welche Rolle spielt die Betreiberverantwortung im Rahmen des Curriculums an der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen?

Prof. Thomzik: Wir haben das Thema im Bachelorstudium Wirtschaftsingenieurwesen/Facility Management in verschiedene technische und kaufmännische/juristische Module integriert. Aus meiner Sicht gehört es aber noch deutlich ausgebaut. Ich verfolge zur Zeit die Absicht, ab dem Wintersemester 2016/2017 zumindest ein neues Modul in unserem konsekutiven Masterstudium anzubieten.


CAFM-News: Sie moderieren auf der INservFM 2016 die Expertenrunde des CAFM-Rings mit dem Thema „Noch immer unterschätzt? Der unmittelbare Nutzen von CAFM für die Betreiberverantwortung im Facility-Management: Und wie ein nachhaltiges Datenmanagement die Verantwortlichen ruhiger schlafen lässt.“ Die Überschrift klingt ja praktisch schon wie die Auflösung des Themas – warum sollte man sich diese Expertenrunde noch anhören?

Prof. Thomzik: Mir liegen die Thesen der Expertenrunde ja bereits vor. Daher kann ich sagen, dass der CAFM-Ring mit diesem Format kein plumpes „Product-Placement“ anvisiert. Ich verstehe diese Überschrift als Teaser, der den kritischen Messebesucher neugierig machen soll. Dabei ist es aber kein zusammenfassender Teaser, der den einzigen Informationskern der Session wiedergibt, sondern sollte als Teaser in Frageform verstanden werden! Darüber hinaus hofft der Moderator zudem auf ein munteres Auditorium.


CAFM-News: Neben Betreiberverantwortung gibt es noch ein zweites Thema, das seit einer Weile munter durch den Markt getrieben wird: BIM. Wie sollen wir uns hier die Zukunft vorstellen? Ist CAFM das kommende BIM oder ist BIM das kommende CAFM?

Prof. Thomzik: Ich nehme das Thema BIM jetzt schon seit Jahren recht prominent war – aber nur auf Tagungen. Ob es allerdings ein Rohrkrepierer auf Raten oder doch zu einem dominanten Treiber der Digitalisierung wird, kann ich beim besten Willen immer noch nicht einschätzen. Grundsätzlich gilt: Nicht was technisch machbar ist, sondern erst was Nachfragewirksamkeit bei Kunden erzeugt, bestimmt den Innovationserfolg. Nicht selten geht es bei technischen Innovationen auch um Kompatibilität. Die neue Technologie muss nicht nur einen bestimmten Reifegrad haben, sondern auch in das Aufnahmesystem der Kunden integrierbar sein. So konnte die Digitalkamera erst die Analoggeräte substituieren, als sie beim Kunden auf entsprechende Hardwarekomponenten traf, sich der Nutzen über das Internet erhöhte etc. Viele Produktideen scheitern letztlich trotz brillanter technischer Problemlösungen im Rahmen ihrer Diffusion auch daran, dass die technischen, personellen und organisatorischen Umstellungsmöglichkeiten und Bereitschaft der Kunden über- oder die Bedarfe und die Macht der Gewohnheit bei Kunden falsch eingeschätzt werden. Beim Thema BIM ist der Innovationsforscher zur Zeit noch zurückhaltend.


CAFM-News: Vielen Dank für das Gespräch.



Prof. Markus Thomzik

Prof. Markus Thomzik ist Dozent für Betriebswirtschaftslehre und Facility Management an der Westfälischen Hochschule in Gelsenkirchen und Forschungsprofessor am Institut für angewandte Innovationsforschung an der Ruhr-Universität Bochum.


Abbildungen: Privat

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