Ein bisschen Ebay: Aconex geht Verkauf der Conject CAFM-Sparte im Bieterverfahren an
(cafm-news) – Die CAFM-Sparte von Conject steht zum Verkauf. Mit Asset-Deals im Bieterverfahren versucht der Neu-Eigner Aconex, dem Standort Duisburg eine Zukunft außerhalb der Conject-Gruppe zu verschaffen. Wobei Asset-Deal und Zukunft nicht gerade in harmonischem Miteinander von den Dächern trällern. Warum?
Bei einem Asset-Deal werden Unternehmens-Bereiche einzeln angeboten. Im Verfahren bedeutet das: die Entwicklung, die Kunden, Software-Code, Wartungsverträge… – you name it, they sell it. Das kann Vorteile für den Käufer haben. Denn solange ein Käufer nicht zu viele Assets kauft, tritt er nicht die rechtliche Nachfolge des verkauften Unternehmens an. Das spart die Übernahme von Schulden. Und eventuell auch die Übernahme der Mitarbeiter einschließlich ihrer Arbeitsverträge.
Unternehmen erhalten!?
Allerdings hatte Aconex kurz nach der Übernahme die Zukunftssicherung des Personals versprochen. Und auch Mitte des Jahres wurden noch einmal klare Vorstellungen zu einem neuen Eigner der CAFM-Sparte formuliert: „Wir werden nur verkaufen, wenn es ein vernünftiges Angebot gibt und nur an einen Käufer, der eine Strategie für den Erhalt der Arbeitsplätze und die Weiterentwicklung der Software darlegt”, versicherte Conject-CEO Ralf Händl bei einem Interview im Juli gegenüber CAFM-News. Dafür wäre ein Share-Deal allerdings eher geeignet, bei dem das Unternehmen als Ganzes veräußert wird.
Wie viel Aconex für Conjects CAFM-Sparte erlösen will, ist gleichfalls nicht bekannt. Wenn die Australier an einem langfristigen Partner interessiert sein sollten, müsste der Preis zur Nebensache werden – womit sich der Verkauf mit Blick auf die Gesamtkosten der Conject-Übernahme im Frühjahr von damals 65 Millionen Euro allerdings weniger lohnen würde.
Kalkulierbares Risiko?
Wahrscheinlicher scheint daher, dass Aconex auf marktübliche Multiples setzt. Beim Umsatz wäre das aktuell Faktor 1,13 bis 1,54. In der Marktübersicht CAFM-Software 2016 gab Conject an, einen Umsatz zwischen 3 und 10 Millionen zu erwirtschaften. Aus dem Conject-Umfeld hieß es, tatsächlich habe der Umsatz im zuletzt bilanzierten Geschäftsjahr bei rund 4 Millionen Euro gelegen.
Damit betrüge die zur Diskussion stehende Verkaufssumme zwischen 4,52 bis 6,16 Millionen Euro. Wollte man diese Summe auf Basis des Gewinns erzielen, müsste Conject aktuell rund 1 Million Euro pro Jahr erwirtschaften. Das ist allerdings ein hoher Wert und wird in der Branche nur von wenigen tatsächlich geschafft, wie ein Blick ins Handelsregister zeigt.
Rendite muss stimmen
Um eine Verkaufssumme dieser Größenordnung zu refinanzieren, wäre nach dem Kauf eine Rendite des Standortes zwischen 10 und 15 Prozent nötig. Ob sich diese einspielen lässt, ist offen, auch weil Conject in diesem Jahr einige Mitarbeiter in Duisburg durch überzeugende Gehaltserhöhungen weiter an sich gebunden hat.
Ein weiterer Aspekt könnte ebenfalls zur pekuniären Spaßbremse mutieren: Da es im Software-Bereich nach Unternehmens-Verkäufen nicht unüblich ist, dass sich Kunden mittelfristig nach einem neuen Anbieter umsehen, muss sich ein möglicher Käufer auf den Verlust von Bestandskunden nach der Übernahme einstellen – inklusive entsprechender Umsatzeinbußen bei Wartung, Service, Cross- und Up-Selling, versteht sich.
Damit wäre eine noch höhere Rendite nötig, um die perspektivischen Ausfälle zu kompensieren. Interessenten gibt es offenbar trotzdem:
Zehn Interessenten
Aktuell soll es zehn Interessenten für die CAFM-Sparte von Conject geben, darunter mindestens ein Investor. Möglicherweise handelt es sich hierbei um HG Capital Germany, die kürzlich Informationen über den CAFM-Markt in Deutschland zusammen getragen haben. Auch Softwarehäuser aus anderen Branchen sowie Marktbegleiter von Conject sollen an der CAFM-Sparte interessiert sein.
Ein Marktbeobachter meinte hierzu, wäre dem tatsächlich so, würden die meisten Interessenten aus der CAFM-Branche wohl eher hinter die Kulissen eines Wettbewerbers schauen wollen, als einen Kauf zu planen. Denn die Duisburger CAFM-Software könne nicht ohne weiteres in andere CAFM-Systeme eingebunden oder überführt werden, und den Markt mit zwei inkompatiblen Produkten zu bearbeiten sei wirtschaftlich nicht sinnvoll. Generell sei die Interoperabilität zwischen den verfügbaren Systemen des Marktes eher gering und auch mit der Transferschnittstelle CAFM-Connect des CAFM-Rings, in dem Conject Mitglied ist, ließe sich nur ein Basisdatenbestand migrieren.
Entscheidung im März 2017
Wie dem auch sei: Die Unternehmen, die sich für die Übernahme von ConjectFM interessieren, müssen dem Vernehmen nach ihr Gebot bis Ende des Jahres abgeben. Bis Ende März 2017 soll dann über den Zuschlag entschieden werden. Übergeben würde die Conject CAFM-Sparte an den neuen Eigentümer dann rückwirkend zum 1. Januar 2017. Natürlich nur, wenn Rahmen und Preis stimmen. In den Augen von Aconex.
Von Conject selber war zur aktuellen Lage leider kein offizielles Statement zu bekommen. Ein kürzlich geführtes Telefon-Interview mit CEO Ralf Händl erhielt keine Freigabe. Als Begründung hieß es aus dem Unternehmen, Conject sei jetzt Teil eines börsennotierten Unternehmens und man könne keine Freigaben für Artikel zu strategischen Überlegungen geben, die zu Spekulationen an der Börse führen könnten. Hier unterliege man sehr strengen Börsenrichtlinien.
Abbildungen: Ebay, Conject, Ocal; Montage: CAFM-News