CAFM-Können fängt in der Hochschule an
CAFM-NEWS – Vor zwei Wochen diskutierten Thomas Ball, Prof. Michael May und Prof. Joachim Hohmann Einführungshindernisse für Spezialsoftware am Beispiel CAFM auf Basis des CAFM-Trendreports der GEFMA. Dass die Probleme mit dem Thema CAFM-Einführung wohlmöglich viel früher anfangen und die Hochschulen den Erfolg oder Misserfolg durchaus mit beeinflussen können, erläutert ein Gastbeitrag von Uwe Schmidt, Anwendungstrainer bei Keßler Real Estate Solutions und Honorardozent an der Hochschule Anhalt und Berufsakademie Leipzig.
Das Thema der CAFM-Einführung sollte in meinen Augen verstärkt diskutiert werden. In meiner täglichen Praxis als Anwendungstrainer für unsere hauseigene CAFM Software-Lösung erlebe ich es immer wieder, dass die Datenlage ein wesentlicher Hinderungsgrund für eine effiziente, schnelle und erfolgreiche Einführung von CAFM-Software ist.
Entscheidung ohne Kenntnis
Entscheider erkennen sehr wohl die Notwendigkeit der Nutzung entsprechender Software, treffen aber oftmals Entscheidungen ohne die notwendigen Prozesskenntnisse und Informationen zur eigenen Datenlage, zum Beispiel Kenntnisse über die Art, Qualität und Vollständigkeit der Ausgangsdaten bzw. der hausinternen Prozesse und Ressourcen, welche jedoch für eine erfolgreiche Prozesssteuerung im CAFM-System relevant sind.
Die Folge ist, die erfolgreiche Einführung verzögert sich wegen unzureichenden Datenlage und Prozesskenntnis oder auch durch unzureichend qualifizierte Verantwortliche respektive Anwender unverhältnismäßig und ist mit entsprechend höheren, schlecht abschätzbaren Kostenaufwänden verbunden.
Viele Entscheider denken: „Hey, ich hab ein CAFM-System gekauft, jetzt geht alles von alleine!“
Aber wie die Systeme gefüllt werden, mit den richtigen, einheitlichen und hinreichend genauen Daten, egal ob alphanumerische und/oder grafische, zum Leben erweckt werden, wird häufig unterschätzt. Jeder kennt die wissenschaftlichen Erhebungen dazu.
Das Grundproblem: Die Daten
Das Grundproblem ist nicht die Software, sondern es sind die Daten, im Allgemeinen wie im Speziellen. An dieser Stelle können und müssen viele Dienstleistungs- und Beratungsunternehmen mit perfektem Know-how aus der Vermessung, der Technik und Verwaltung ansetzen.
Des Weiteren ist häufig eine extrem inhomogene IT-Landschaft, ebenso die persönlichen Kompetenzen und Gewohnheiten der zukünftigen Anwender sowie Personalmangel ein großer Hemmschuh. Viele Teilprozesse werden in vielen individuellen Softwarelösungen umgesetzt, an welche sich die Anwender gewöhnt haben und das Gewohnte wird nicht so schnell geändert. Steht die Geschäftsführung dann nicht hinter ihrer Entscheidung für ein CAFM-System, sind Probleme absehbar.
Hemmschuh Hochschulen
Einen weiteren Hemmschuh stellt für mich die derzeitige Ausbildungssituation in Deutschland dar. CAFM-Software wird viel zu selten von den entsprechenden Bildungsinstituten wirklich aktiv in der Lehre eingesetzt. Oft werden nur die theoretischen Grundlagen im Studium gelegt, ohne dass die Studierenden in direkte Berührung mit entsprechender Software kommen.
Und wenn Systeme im Einsatz sind, dann ohne Einbindung in den aktiven Lernprozess mit Fachbereichsübergreifenden Lehr- und Übungseinheiten.
Die Gesamtprozessabbildung in CAFM-Systemen stellt einen wesentlichen Effizienz-Faktor dar. Dies muss vermittelt werden. Spricht man Lehrinstitute auf diesen Fakt an, erhält man häufig die Antwort: Man dürfe sich als Anstalt öffentlichen Rechts nicht an einen Systemhersteller binden!
Ausgewählt tolerant
In der gesamten Bildungslandschaft werden IMMER herstellertypische Software-Lösungen von Herstellern namenhafte Office- und Managementlösungen eingesetzt. Alles kein Problem – außer bei CAFM-Software!? Vielleicht ist dies ja aber dem in Deutschland etablierten Lobbyismus geschuldet, oder muss man hier von Netzwerken sprechen!?
Als einen klassischen Vertreter für etablierte Software im Hochschulbetrieb kann man hier einen Hersteller einer sehr bekannten CAD-Anwendung nennen. Dieses Unternehmen hat mit extrem kostengünstigen Studentenversionen um sich geworfen, inoffizielle Installationen über Jahre hinweg geduldet und somit einen hohen Grad an Bekanntheit und Einsatz der CAD-Software erreicht, mit der Folge, dass jene CAD-Lösung, neben vielen anderen natürlich auch, sehr aktiv in der Lehre eingesetzt wird.
Ergo werden die Studierenden auch später in den Unternehmen damit in Berührung kommen, danach verlangen und beide Seiten profitieren davon. In der CAFM-Branche sieht das völlig anders aus:
Kaum CAFM in der Lehre
Unternehmen können selten auf Studierende oder neue Mitarbeiter zählen, welche sicher anwendbare Fähigkeiten und Fertigkeiten im Umgang mit CAFM-Systemen im Unternehmenseinsatz vorweisen können. Ergo ist der Lehraufwand, die Anwenderschulung entsprechend umfangreich auszugestalten, sehr hoch und kostenintensiv. Das schreckt viele kleine und mittelständische Unternehmen vor entsprechenden Investitionen ab.
Einige, wenn auch nicht viele, staatliche wie private Bildungseinrichtungen haben entweder komplette Lehrstühle mit entsprechenden Studiengängen oder Aus- und Fortbildungskurse in unterschiedlichstem Detaillierungs- und Ausprägungsgrad.
Hochschulen mit Berührungsängsten
Aber noch viel weniger Bildungseinrichtungen sind bereit, die aktive Anwendung, den Vergleich, die Einsatzbereiche, die Vor- und Nachteile der einzelnen CAFM-System im Rahmen der Ausbildung herauszuarbeiten, zu vergleichen und die Studierenden aktiv in deren Anwendung einzuweisen. Dies würde für beide Seiten einen enorm hohen Vorteil darstellen:
Die Studierenden könnten entsprechende Fähigkeiten und Fertigkeiten im Rahmen ihrer Bewerbung vorweisen und die Unternehmen hätten bestens ausgebildete Generalisten mit hervorragender Entscheidungskompetenz in ihren Reihen.
Die Bildungseinrichtungen, welche entsprechende Systeme in CAFM-Laboren im Einsatz haben, kann man in Deutschland an einer Hand abzählen. Ein paar mehr haben zwar die Software da, aber mehr auch nicht. Sie überlassen die Studierenden sich selbst, eine zielorientierte, praxisbezogene Einführung und Anwendung der Systeme erfolgt in den seltensten Fällen!
So wie es im Bauwesen Projektleiter mit entsprechender Ausbildung für Bauprojekte gibt, müsste es auch ausgebildete Projektleiter für CAFM-Projekte geben, mit einem hohen Grad an IT-Affinität, umfassenden Prozess-Analysefähigkeiten und übergreifenden Prozesskenntnissen aus allen infrastrukturellen, technischen sowie kaufmännischen Managementdisziplinen.
Bildungsträger müssen umdenken
Bei den Bildungsträgern muss zukünftig ein radikales Umdenken für eine erfolgreiche CAFM-Ausbildung erfolgen. CAFM erfordert Generalisten und nur bis zu einem bestimmten Grad natürlich die Spezialisten. Dies muss sich künftig zwingend in der Ausbildung wiederfinden:
Interdisziplinärer Einsatz entsprechender Softwareprodukte in allen Fachbereichen – egal ob bei zukünftigen Kaufleuten, Technikern, Architekten, Planern und schlussendlich natürlich auch bei den Dozenten selber.
Die Systemhersteller stehen bereit und scheuen keinen Vergleich in einem offenen Bildungsumfeld. Erfolgreiches Autofahren lernt man durch Autofahren, CAFM-Anwendung lernt man durch Anwenden. Wir benötigen Macher und nicht nur Wissende.
Software-Riesen blockieren den Durchblick
Und eine letzte Anmerkung in Ergänzung zum 2. Absatz und zu dem was die Einführung von CAFM-Lösungen erschwert: Hier spielen die sogenannten großen Software-Hersteller eine entscheidende Rolle. Ihre hervorragenden Vertriebsmitarbeiter mit bester Einbindung in die jeweiligen Netzwerke platzieren ihre System mit hohem Aufwand in den Unternehmen und binden damit die Entscheider an diese häufig sehr kostenintensive Entscheidung, so dass diese nicht so ohne weiteres bereit sind, Teilprozesse in einer möglicherweise besseren Softwarelösung abzubilden. Hier steht also wieder der Lobbyismus im Weg.
Ich hoffe, damit einige konkretere Aussagen zum Thema getroffen zu haben und freue mich auf eine konstruktive und offene Diskussion.
Abbildungen: Mikael Kristenson/Unsplash.com; privat