Vier Zertifikate für die CAFM-Entscheidung – wirklich?

Quartett der Orientierungs-Helfer. Es geht aber auch ohne – und meistens ganz anders.

Quartett der Orientierungs-Helfer. Es geht aber auch ohne – und meistens ganz anders.



CAFM-NEWS – Digitalisierung, BIM und weitere Themen stellen auch Anbieter von CAFM vor neue Herausforderungen, hieß es kürzlich in einer Pressemeldung. Und die Lösung lieferte sie gleich mit: Vier Zertifikate geben Orientierungen im hyperheterogenen Anbietermarkt, so die These. Aber stimmt das so?

Die vier Zertifikate sind laut Pressemeldung die folgenden:

  • Verdantix Green Quadrant IWMS
  • GEFMA 444
  • CAFM-Ring Aufnahmezertifikat
  • CAFM-Connect Zertifikat

Ein hübsches Quartett – mit Schönheitsfehlern:


Verdantix

Der Verdantix Green Quadrant ist kein Zertifikat, sondern eine Einschätzung von CAFM-Systemen durch eine Fach-Jury im Auftrag des Marktforschungs-Unternehmens Verdantix, ehemals Gartner. Die Positionierung der Probanden erfolgt auf der X-Achse unter der Fragestellung, wie vollständig die Vision ist, und auf der Y-Achse anhand der Fähigkeit, das Visionen-Maximum umzusetzen.

In dem Quadranten finden sich aktuell unter anderem Archibus, Axxerion, MCS Solutions, Planon und Vision Software. Um für den Quadranten überhaupt bewertet zu werden, ist allerdings vorab vom jeweiligen Interessenten eine fünfstellige Aufnahmegebühr zu entrichten, womit die Aussagefähigkeit auf einen elitären Zirkel begrenzt ist: Jene, die den Preis bezahlen können. Oder wollen.

Professor Jens Nävy hat eine ähnliche Erhebung für den D-A-CH Markt entwickelt, die für Unternehmen kostenfrei ist und teilweise von den Verdantix-Ergebnissen abweicht. Der Name: CAFM-Matrix.


CAFM Ring Aufnahmezertifikat

Auch kein Zertifikat im eigentlichen Sinne ist das Aufnahme-Zertifikat des CAFM-Rings. Tatsächlich ist es – Name hin oder her – eine Bestätigung der Mitgliedschaft in dem Verband, der ursprünglich als Sprachrohr der CAFM-Hersteller begann und sich inzwischen als Verband für die Digitalisierung im Immobilienbetrieb präsentiert.

Neben CAFM-Herstellern können auch Firmen und Einzelpersonen von FM-Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen aus der Wertschöpfungskette rund um Immobilienobjekte Mitglied werden.

Erwartet werden von Bewerbern gutes Know-how in den Bereichen allgemeine IT und Datenbanken, Netzwerke, Betriebssysteme, Consulting und Customizing sowie Projektabwicklung. Auch die Besonderheiten FM-spezifischer Prozesse sollten verstanden, analysiert und bewertet werden können.

Wer all diese Kenntnisse nachweisen kann, wäre somit geeignetes Mitglied im CAFM-Ring. Zertifiziert ist damit allerdings niemand.


GEFMA 444

Anders verhält es sich mit der GEFMA 444. Zwar ist das im Kern eine Richtlinie des deutschen Facility Management Verbandes, aber nach ihren Vorgaben werden Minimalanforderungen an CAFM-Systeme überprüft.

Ein GEFMA 444 Zertifikat gibt eine erste Orientierung, ob ein System in maximal 15 Themengebieten, Kataloge genannt, die üblichen Hausaufgaben beherrscht, wobei es für eine Zertifizierung genügt, in drei Katalogen zu bestehen: Basiskatalog, Flächenmanagement und Instandhaltungsmanagement gelten als Mindestkriterien und sind verpflichtend.


CAFM-Connect

Das CAFM-Connect schließlich ist ein Austauschformat, das IFC-basiert relevante digitale Daten aus Sicht des Gebäudebetriebs und des Facility Managements Hersteller übergreifend nutzbar machen möchte. CAFM-Connect, so räumt die Meldung selber ein, sei vor allem in Deutschland verbreitet und sei zunehmend auch Kriterium in Ausschreibungen, doch sei das Zertifikat noch wenig vergeben worden.

Kritisiert wird an CAFM-Connect, dass es IFC je nach Austauschzweck sehr stark reduziert. Außerdem bieten einige CAFM-Hersteller auch nicht zertifizierte Im- und Exporttools an, deren Leistungsfähigkeit weit über die in CAFM-Connect beschriebenen Umfänge hinaus gehen.


Fazit

Damit bleiben zwei Zertifikate übrig: GEFMA 444 und CAFM-Connect. Und ob diese Zertifikate, wenn lediglich ihre Minimalanforderungen erfüllt sind, tatsächlich schon ausreichend aussagefähig sind, ist zu bezweifeln. Viel wahrscheinlicher wird es sein, dass ein Interessent ganz klassisch zwei Dinge tut:

  1. Er wird die GEFMA 444 Übersicht laden und schauen, wer mit welchen Katalogen zertifiziert ist
  2. Er wird die GEFMA 940 zur Hand nehmen und nach ganz anderen Kriterien suchen, beispielsweise Mitarbeiterzahl, Jahresumsatz, unterstützte Datenbanken, unterstützte Betriebssysteme, Schnittstellen, Cloudfunktionen und Apps

Die GEFMA 940? Ja. Die Marktübersicht CAFM-Software, die für den deutschsprachige Markt nach wie vor die beste Orientierung bietet. Und das ganz ohne Zertifikat.



Abbildungen: Clker/Ocal, CAFM Ring, Verdantix; Montage: CAFM-News




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Eine Antwort

  1. Als Autor besagter Pressemitteilung (PM) seien mir zwei, drei Kommentare erlaubt:

    Alles, was faktenbasiert zu mehr Transparenz in der eher unüberschaubaren CAFM-Sparte beiträgt, heiße ich willkommen – und wirke deswegen auch selber daran mit. Daher kurz zu den Fakten für alle, die sich selber ein Bild machen möchten und Orientierung wünschen:

    Hier geht es zu dem von mir in der PM zitierten Link: Verdantix und ihre Studien. http://www.verdantix.com . Es war nicht etwa dieser: http://www.cafm-news.de

    Hier geht es zu dem von mir in der PM zitierten Link zu den Kriterien zur Aufnahme neuer Mitglieder im Verband für die Digitalisierung, CAFM RING e.V. http://www.cafmring.deWer sie erfüllt, erhält das RING-Zertifikat. Dieser Hinweis fehlt leider in der redaktionellen Darstellung.

    Bei aller Wertschätzung für Prof. Jens Nävy: Die seitens der Redaktion abgebildete Studie ist veraltet.

    Das GEFMA-Zertifikat erwartet von den CAFM-Anbietern zwar keine „fünfstellige Aufnahme-“, dafür jedoch eine „fünfstellige Kontinuitäts-Gebühr“. Siehe etwa hier: http://www.cafm-news.de

    Am Austauschformat CAFM-Connect (CC) wird in der Branche übrigens nicht kritisiert, dass es den IFC-Standard zu stark reduziert: Im Gegenteil, das ist genau der Zweck und wird explizit begrüßt. Auch deswegen haben 15 der 36 CAFM-Anbieter in der jüngsten CAFM Marktübersicht (GEFMA 940) an dieser Stelle ihr Kreuzchen gemacht. Die auf CC- basierenden „BIM-Profile“ reduzieren gezielt und Anwenderspezifisch noch weiter – auf die konkreten Anwendungsfälle. Auch hier ist übrigens dieser Link hilfreich: http://www.cafm-connect.org Das andere Hersteller ebenfalls In-und Export Formate anbieten, ist zu begrüßen. Sie entsprechen eben nur nicht dem CC-Standard, der von buildingSMART, GEFMA, RealFM, FMA und planen.bauen 4.0 mitgestaltet und unterstützt wird und Einzug gehalten hat in VDI, DIN und CEN.

    Doch in der Tat: Die CAFM Marktübersicht (GEFMA 940) verleiht kein Zertifikat. Denn die dortigen Angaben stammen alleine von den CAFM-Anbietern selbst und sind nicht verifiziert. Eben so wenig, wie der hier seitens der Redaktion herbeigeführte Zusammenhang. Doch auch die cafm-news trägt bei zur Diskussion und Transparenz. Und das ist großartig.

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