Studie: CAFM-Systeme sind Datenfriedhöfe, die sich nicht steuern lassen

Adcosus IT Consulting und die Hochschule Ruhr West haben eine Studie zu CAFM-Systemen vorgestellt

Adcosus IT Consulting und die Hochschule Ruhr West haben eine Studie zu CAFM-Systemen vorgestellt


(cafm-news) – CAFM-Systeme sind Datenfriedhöfe, die sich nicht steuern lassen. Das ist eine Quintessenz aus der CAFM-Studie 2016, die das Berliner Beratungsunternehmen Adcosus IT Consulting in Kooperation mit Prof. Julia Hornstein vom Wirtschaftsinstitut der Hochschule Ruhr West jetzt vorgestellt hat.

Ziel der Studie ist, eine bestehende Lücke im Bereich der empirischen Erhebungen zur Nutzung von CAFM-Software zu schließen. Sie soll eine branchenunabhängige, repräsentative Stichprobe des Marktes liefern, wobei sie auf Nutzungsmöglichkeiten von CAFM-Software jenseits reiner Datenhaltung fokussiert. Eingebunden wurden auch aktuelle Schwerpunktthemen wie IT- und Rechtssicherheit, dazu Trends wie mobile Nutzung und die Integration von BIM-Funktionalitäten. Ihr Ergebnis soll Handlungsfelder für Nutzer und Anbieter identifizieren.

Datenbasis

Befragt wurden für die Studie mehr als 1500 Anwender. Angesprochen wurden alle in Deutschland ansässigen Unternehmen der Privatwirtschaft mit einem Mindestumsatz von 500 Millionen Euro im Geschäftsjahr 2014 sowie Immobilienbetriebe der öffentlichen Hand bei Bund, Ländern, Kommunen und kreisfreien Städten.

Bei 60 Prozent der Befragten arbeiten mehr als 25 Personen in der Immobilienabteilung, bei 17 Prozent der Befragten 1 bis 5 Personen. Sie betreuen überwiegend Spezialflächen (44%) und Büroflächen (29%). Mehr als die Hälfte hat über 1 Million Quadratmeter zu verwalten (54%), zwischen 50.000 und einer Million qm betreuen 34% der Teilnehmer, die übrigen Befragten haben kleinere Flächen zu verwalten.

Erfahrene Anwender

Die Anwender sind erfahren: Ein Drittel startete zwischen 2000 und 2005 mit CAFM (33%), mehr als ein Viertel sogar schon vor dem Jahr 2000 (27%). Zwischen 2005 und 2010 nahmen weitere 23 Prozent der Befragten ihre Immobilien in ein CAFM-System auf.

Am häufigsten genutzt sind Flächendokumentation (92%), Dokumentation von Gebäude- und Anlagenbestand (84%), Liegenschafts- und Flurstückverwaltung, Dokumentation von Reinigungsobjekten und Flächen sowie Belegungsplanung und Instandhaltung (jeweils 64%).

CAFM = Datensammeln

Soweit, so bekannt. Spannend wird es, wenn sich die Teilnehmer über ihre CAFM-Systeme äußern und die Studienmacher ihre Schüsse ziehen. So nutzen die Anwender ihr CAFM vor allem, um Daten aufzunehmen und zu speichern. Allerdings nehmen 40% der Teilnehmer ihre Daten nicht vollständig auf – was die sinnvolle Nutzung des CAFM-Systems konterkariert, konstatieren die Forscher.

Aber auch vollständige, aktuelle Daten können nicht ohne Expertenwissen nutzbar gemacht werden, da Systeme keine Hilfestellung bieten, heißt es weiter. Oder: Trotz der sich verschärfenden gesetzlichen Regelungen in Bezug auf die Betreiberverantwortung erleichtern CAFM-Systeme in der Realität kaum die Sicherstellung der Konformität mit der geltenden Gesetzgebung. Da bekommt mancher CAFM-Kenner vermutlich dicke Backen.

Eingesetzte Software

Wer aber einen Blick auf die verwendeten Produkte wirft, könnte schnell wieder entspannen. Denn die Liste wirft wohl möglich mehr Fragen auf, als sie Antworten gibt. Die Zusammensetzung nach Prozenten:

  1. SAP RE FX – 31%
  2. Planon Accelerator – 15%
  3. Speedikon C/FM – 12%
  4. Archibus – 9%
  5. Loy& Hutz wave Facilities – 8%
  6. eigene Programmierung (inkl. Microsoft Access) – 7%
  7. sonstige – 18%

In einem Kommentar hierzu sagen die Studienmacher:

Mehr als ein Viertel der Teilnehmer nutzt eine andere Lösung als von einem der Marktführer oder eine Eigenprogrammierung

Nur spiegelt die Liste der verwendeten Produkte gewiss nicht die Reihenfolge nach lizenzierten Arbeitsplätze wieder, und unter den führenden Unternehmen fehlen allemal Hersteller wie Conject, IMS oder pit-cup.

Durchaus Kritikpunkte

Auch die Aktualität der eingesetzten Systeme wirkt nicht immer top: So ist Loy & Hutz wave Facilities erst seit wenigen Jahren auf dem Markt, aber dafür schon erstaunlich weit verbreitet. Dazu kann munter diskutiert werden, ob SAP eigentlich ein CAFM-System im engeren Sinne ist – SAP selber hat sich in der aktuellen Ausgabe der Marktübersicht CAFM-Software jedenfalls nicht mehr beteiligt.

Eine weitere Schwachstelle tut sich beim Thema Betreiberverantwortung auf, denn die Liste führt nur eines der REG-IS zertifizierten CAFM-Systeme auf, von denen es inzwischen acht gibt, die mit teilweise erheblicher Integrationstiefe arbeiten. Dieses eine in der Studie genannte System mit REG-IS Schnittstelle ist Planon Accelerator, wobei die Schnittstelle selber nicht erwähnt wird. Allerdings ist Planon Accelerator auch nicht bei REG-IS selbst gelistet.

Gut möglich, dass die Teilnehmerbasis der Umfrage per se schon für eine Verzerrung der Wahrnehmung sorgt. Denn die meisten CAFM-System ein Deutschland sind nicht bei Großunternehmen im Einsatz und verwalten nicht mehr als 1 Million qm Fläche, sondern in kleinen und mittleren Unternehmen mit wesentlich kleineren Portfolios. Nur sind die nicht so leicht zu finden.

Zu den Hintergründen der Studie haben wir daher ein Interview mit Jens Klaubert von Adcosus geführt.


Abbildungen: Adcosus

icon artikel mailen

Das könnte dich auch interessieren …

3 Antworten

  1. Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dipl.-Inform. Joachim Hohmann, MBA, CFM sagt:

    Eine Studie, die von der gesamten Branche bisher vermisst wurde, und ein schönes Beispiel Fachhochschul-professoraler Kompetenz sowie vorbildlicher Unabhängigkeit und Transparenz des Verfahrens. Chapeau!

  2. Hallo Herr Semmler-
    vielen Dank für den interessanten Artikel.
    In zwei Punkten muss ich Sie allerdings korrigieren, damit keine Verwirrung entsteht:
    1. Planon Universe ist nicht die aktuelle Software von Planon, sondern ein CAFM Gesamtkonzept, dass neben Software-Lösungen und Apps auch die Best-Practice Lösung Accelerator, Lifecycle Services wie Implementierung, E-Learning etc., unterschiedliche Lizenzmodelle und weiteres umfasst.
    Kunden, die Planon’s Best Practice Lösung Accelerator einsetzen, nutzen also sehr wohl aktuelle Planon CAFM Software.
    2. Sie führen zudem an, dass keines der aufgeführten Systeme über eine REG-IS Schnittstelle verfügt. Auch das ist nicht korrekt, denn Planon bietet eine REG-IS Schnittstelle an und wird übrigens inzwischen auch in dem Artikel, auf den Sie verweisen, gelistet.

    Beste Grüße und ein schönes Wochenende,

    Stefan Drechsler

    Marketing Director CE, Planon

    • Hallo Herr Drechsler,

      vielen Dank für die korrigierenden Hinweise, die ich im Artikel jetzt entsprechend berücksichtigt habe.

      Allerdings ist Planon nach wie vor bei REG.IS nicht gelistet (LINK).

      Beste Grüße und auch Ihnen ein schönes Wochenende
      Thomas Semmler

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert