Kommunen sind nicht das Bankhaus XY

Was ist bei der Einführung eines CAFM-Systems bei einer Kommune zu beachten? Das Interview liefert Antworten

Was ist bei der Einführung eines CAFM-Systems bei einer Kommune zu beachten? Das Interview liefert Antworten


(cafm-news) – Vor kurzem veröffentlichten die CAFM-News einen Hinweis zum Whitepaper von communal FM zur Anschaffung kommunaler CAFM-Lösungen. Die darin aufgestellten Thesen haben wir zur Diskussion gestellt und fünf kommunal erfahrenen Anbieter hierzu befragt. Vier von Ihnen haben geantwortet: Philip Breuer, Projektleiter CAFM-Entwicklung bei Communal-FM, Marc Kodetzki, Geschäftsführer der IP Syscon, Michael Härtig, Bereichsleiter CAFM bei N+P und Michael Heinrichs, Geschäftsführer von IMS. Was sie sagen, lesen Sie in dem aus diesen Antworten zusammengefügten Round-Table Gespräch.

Die Teilnehmer

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Das Interview


CAFM-News: Worauf müssen Kommunen achten, wenn sie ein CAFM-System anschaffen wollen?

Philip Breuer, communalFM: Der Fokus innerhalb eines Anschaffungsprozesses für ein CAFM-System sollte unbedingt auf den konkreten verwaltungsseitigen Bedarf und die damit einhergehenden Anforderungen unter Berücksichtigung der vorhandenen Kapazitäten gerichtet sein. Standardisierte Pflichtenhefte aus der Industrie, auch wenn sie sich in diesem Bereich als erfolgreich erwiesen haben, führen nur selten zum erwünschten Ziel und sorgen neben einem ressourcenbindenden Ausschreibungsprozess vor allem langfristig für einen Verlust an mitarbeiterbezogener Akzeptanz – und damit eines wichtigen Erfolgsfaktors.

Michael Härtig, N+P: Kommunen müssen bei der Anschaffung eines CAFM-Systems auf dieselben Dinge achten wie andere. Das heißt, sie müssen zunächst ihre Bedürfnisse analysieren und ihre Ziele definieren. Darauf aufbauend können die konkreten Anforderungen an das zukünftige CAFM-System abgeleitet werden. Bereits zu Beginn der Überlegungen sollte darauf geachtet werden, dass die notwendigen immateriellen und materiellen Ressourcen für das CAFM-Projekt zur Verfügung stehen. Bei all ihren Überlegungen sollten die Kommunen nicht nur den Preis als Entscheidungskriterium heranziehen. Sie sollten beispielsweise auch im Blick behalten, ob bereits Erfahrungen aus ähnlichen Projekten vorliegen oder ob individuelle Anpassungen der Software möglich sind.

Michael Heinrichs, IMS: Aus meiner Sicht sind drei Punkte wesentlich:

  • Erstens: Bitte bedarfs- und leistungsgerecht planen. Das heißt „Reduzierung auf das Maximum“, was die zu erfassenden Daten angeht. Und auch nicht zu viele Prozesse auf einmal abbilden zu wollen. Erfolge müssen zeitnah und wirkungsvoll sein. Das alles fängt damit an, das zunächst ein kleines Zielkonzept her muss, das als Leitplanke für einen Auswahlprozess dienen sollte.
  • Zweitens: Einen vertrauenswürdigen Anbieterkreis festlegen, der sich im kommunalen Umfeld auskennt. Da ist die Frage gestattet, welchen Anteil Kommunen am Gesamtgeschäft haben. Oder woher die Projektleute des Anbieters kommen. Wo kommt das Know-how des Anbieters her?
  • Drittens: Der Balanceakt zwischen Nutzerbeteiligung und strategischem Plan. Einerseits sollten die späteren Anwender in den Auswahlprozess mit einbezogen werden, andererseits kann nicht auf jedes kleine „Fürstentum“ innerhalb der Kommune Rücksicht genommen werden. Wenn das nicht gut austariert ist – und der Kunde einen fähigen, akzeptierten und mit Entscheidungsbefugnis ausgestatteten Projektleiter hat – lässt der Erfolg entweder zu lange auf sich warten oder bleibt weit unter Potential.
  • Eins noch dann habe ich doch vier Punkte: Die Kernprozesse mit eigenen Daten vom Anbieter vor Ort durchspielen lassen. Versteht der Anbieter meine Probleme? Kennt er die kommunalen Abläufe? Fühle ich mich gut aufgehoben? Da ist sicherlich auch viel Bauchgefühl mit dabei, aber wenn das schon in der Auswahlphase nicht funktioniert, sollte sich die Kommune schon fragen, wie das erst im Projekt aussieht.

Marc Kodetzki, IP Syscon: Es sollten mehrere Aspekte beachtet werden, die wir als Spezialist für kommunale Lösungen immer wieder empfehlen:

  1. Personalplanung: Es muss einen verantwortlichen CAFM-PowerUser/Administrator geben. Idealerweise aus der Fachabteilung selber.
  2. Einführungsprojekt: Die Einführung sollte in viele kleine Meilensteine aufgeteilt werden. Dadurch verlängert sich zwar die Einführungsphase, aber es können leichter „Erfolge“ erzielt werden, die letztlich zur Erhöhung der motivierten Nutzung des CAFM führen.
  3. Umgang mit kritischen Mitarbeitern: In die Einführungsphase sollten vor allem 1-2 CAFM-kritische Mitarbeiter involviert werden. Nur so kann den Vorurteilen gegenüber „dem neuen System“ frühzeitig entgegen gewirkt werden.
  4. Budget: Die Anschaffung eines CAFM stellt für viele Kommunen auch finanziell eine Herausforderung dar. Da ist es wichtig, die Anschaffung so zu formulieren, dass auch Module des CAFM integriert werden, die vielleicht erst in 2-3 Jahren genutzt werden sollen – sofern man innerhalb des freigegebenen Budgets bleibt. Denn nach unserer Erfahrung ist es bei der aktuellen Haushaltssituation der Kommunen sehr schwierig, erneutes Budget beziehungsweise Nachträge freigegeben zu bekommen.


CAFM-News: Bieten deutsche Hersteller einen Mehrwert gegenüber Anbietern aus dem Ausland? Und falls ja, welchen?

Philip Breuer, communalFM: Auf rein technischer Back-End-Ebene lässt sich schwer ein Mehrwert entweder für in- oder für ausländische Systeme identifizieren – diese bleibt in der Regel für den Anwender unsichtbar. Während Normungen allerdings zusehends internationalisierter ausgerichtet werden, bleiben konkrete Verwaltungsprozesse jedoch stark gebietsbezogen geprägt und können am besten von inländischen Anbietern verstanden und inhärent eingebunden werden. Aufwendige nachträgliche Anpassungen entfallen in diesem Fall nahezu komplett.

Marc Kodetzki, IP Syscon: Wir machen die Erfahrung, dass eine deutsche Bedienoberfläche der Software, eine auf Deutsch formulierte Hilfe, eine deutschsprachige Hotline und letztlich auch ein Standort in Deutschland unabdingbar sind, um auf dem kommunalen Markt erfolgreich zu sein.

Michael Heinrichs, IMS: Das lässt sich recht schlicht beantworten: Ohne genaues Wissen um die Organisation in Kommunen, die Hintergründe von Verwaltungsabläufen und die Kenntnis relevanter Vorschriften – ich werfe da mal die Fördermöglichkeiten der BAFA oder die aktuelle Betriebssicherheitsverordnung in die Runde – bleibt der Kunde in vielen Punkten hilflos mit einer vielleicht sogar ganz guten Software, aber unter Potential zurück. Wenn ein Anbieter aus dem Ausland das leisten kann: prima. Kann er meist aber nicht.

Michael Härtig, N+P: Um die Betreuung des CAFM-Projektes vor Ort, also beim Kunden, gewährleisten zu können, sollte es in Deutschland auf jeden Fall Niederlassungen geben. Insbesondere bei der Projekteinführung ist ein greifbarer Ansprechpartner unverzichtbar. Wenn das sichergestellt werden kann, kann das CAFM-System prinzipiell auch im Ausland entwickelt werden. Es muss dann nur Sorge dafür getragen werden, dass auch in den Niederlassungen eine entsprechende Kompetenz aufgebaut wird. Deutsche Hersteller bieten einen Mehrwert, indem sie Kenntnis über die deutsche Rechtsprechung und über relevante Normen haben. Außerdem können sie den Support in Deutsch anbieten.


CAFM-News: Muss ein CAFM-Hersteller auf kommunale Anwendungsszenarien spezialisiert sein, um ein passendes System anbieten zu können?

Marc Kodetzki, IP Syscon: Wir machen ganz vehement diese Erfahrung. Nicht umsonst haben wir uns auf die kommunale Branche spezialisiert: Ein Lösungsportfolio, welches auf kommunale Anwendungsszenarien ausgerichtet ist, unterscheidet sich in vielen Teilen von anderen Branchen – denn letztlich erwarten die Anwender, dass branchenübliche Standards in einer Software bereits abgebildet sind.

Michael Härtig, N+P: Nein, spezialisiert sein muss der Hersteller nicht, aber es ist natürlich hilfreich, wenn die Berater bereits Erfahrungen mit kommunalen Projekten haben und alle Projektbeteiligten dadurch eine gemeinsame Sprache sprechen. Die FM-Prozesse ähneln sich innerhalb der Kommunen und lassen sich somit oft in einer ähnlichen Art und Weise im CAFM-System abbilden. Die Kommunen profitieren außerdem davon, dass der CAFM-Hersteller bereits die kommunale IT-Landschaft kennt und damit routiniert Konzepte für die Systemintegrationen erstellen kann. Weiterhin haben die Interessenten während des Auswahlverfahrens die Möglichkeit, Referenzbesuche in anderen Kommunen durchzuführen und sich von deren Erfahrungen im Umgang mit dem CAFM-System berichten zu lassen.

Philip Breuer, communalFM: Ein Hersteller sollte sich zumindest mit den kommunalen Anforderungen und Anwendungsbedürfnissen auskennen. Während einige Teilbereiche eines CAFM-Systems durchaus losgelöst vom Spezialfall Kommune betrachtet werden können, muss es vor allem bei der Zusammenführung dieser Teilbereiche zu einem anzustrebenden Komplettsystem zu einer Konkretisierung hinsichtlich der kommunalen Ausrichtung kommen. Spätestens dann sind spezialisierte Anbieter durch ihren Erfahrungsvorsprung aus dem konstanten Dialog mit kommunalen Verwaltungen klar im Vorteil zu sehen.

Michael Heinrichs, IMS: Stimmt, ein Hersteller sollte zumindest einen wesentlichen Schwerpunkt im kommunalen Umfeld haben. Das ewige „Wir können auch Kommunen, liebe Frau Bürgermeisterin…“ entpuppt sich spätestens dann als leere Marketing-Floskel, wenn es um kommunales Eigentum geht, das fachbezogen verwaltet werden will. Oder wenn es um Lageparameter, Nutzungsrechte oder eine vernünftige Wertsicherung für Pachten geht. Da nutzt einem die Erfahrung mit Bankhaus XY recht wenig…


CAFM-News: Verwaltungen bilanzieren im doppischen System – wie komplex ist das eigentlich umzusetzen oder ähnelt es doch stark einer klassischen Buchführung?

Michael Härtig, N+P: Die doppische und klassische Buchführung ähneln sich stark. Allerdings ist die Buchführung kein Kernthema innerhalb des CAFM. Die Anbindung an das doppische System ist aber ein Muss im Projekt.

Philip Breuer, communalFM: Noch nicht sämtliche Verwaltungen bilanzieren doppisch – die Einführung der Doppik – also der doppelten Buchführung in Konten – ist bundeslandabhängig. Ein differenzierter Überblick über Gebäude-, Liegenschafts- oder diesbezügliche Prozesskosten ist im Sinne eines transparenten Facility Managements jedoch ohne klassische/kaufmännische Buchführung nur schwer zu gewährleisten. Die eigentliche Anwendung der doppelten Buchführung ist nicht als komplex zu erachten – vielmehr stellt der Transitionsprozess von der Kameralistik auf die Doppik für viele kommunale Verwaltungen eine nicht unerhebliche Herausforderung dar.

Marc Kodetzki, IP Syscon: Die Umstellung auf die Doppik hat in vielen Kommunen dazu geführt, sich auf Grundlage der Dezentralisierung in der Ressourcenverantwortung im Hochbau beziehungsweise in der Gebäudeverwaltung entsprechend aufzustellen. Die Nachfrage nach einem CAFM ist seitdem signifikant gestiegen. Für ein erfolgreiches CAFM-System ist es vor diesem Hintergrund obligatorisch, neben der bisher gültigen kameralen Buchführung auch die doppische Buchführung im kommunalen CAFM zu ermöglichen. Dadurch, dass wir neben der Ausrichtung auf die kommunale Branche auch CAFM-Lösungen für die Privatwirtschaft anbieten, wo schon seit jeher doppisch gebucht wird, war die Umstellung in unserem kommunalen CAFM ‚pit-Kommunal‘ nicht aufwendig: So werden im kaufmännischen Gebäudemanagement Kosten, Kostenträgern, Kostenstellen, Konten, Budgets, etc. in der Regel mit Anbindung an die bestehenden Finanz-IT der Kommune zugeordnet.

Michael Heinrichs, IMS: Naja, in der Doppik sind Elemente der doppelten Buchführung zu finden, ganz klar. Aber schauen Sie: Versuchen Sie doch mal die Bewertung ein und desselben Gebäudes durchzuführen – und mal angenommen, es ist rein substanziell dasselbe Gebäude – das in verschiedenen Bundesländern steht. Sie werden staunen, wie sehr die Bewertungen im Rahmen der Doppik voneinander abweichen – die Sachsen rechnen sehr konservativ und die Nordrhein-Westfalen setzen vergleichsweise hohe Werte an. Oder schauen Sie sich an, welche Möglichkeiten es im Rahmen der Doppik gibt, zum Beispiel die Erweiterung um Komponenten des Controllings oder der Kostenrechnung, die mitnichten verpflichtend, aber durchaus hilfreich sind. Auf ein Wort: Mein persönlicher Kritikpunkt an der Doppik ist die teils doch recht hohe Komplexität, die nicht immer von der Politik, aber auch oft nicht vom Bürger nachvollzogen werden kann. Bei allen Vorteilen und Notwendigkeiten, die ja unbestritten existieren…


CAFM-News: Sind qualitative Einbußen für Anwender beispielsweise beim Support zu befürchten, wenn ein CAFM-Anbieter verschiedene Branchen parallel bedient?

Michael Heinrichs, IMS: Sicher nicht beim grundsätzlichen, technischen Support der Anwendung. Sicher aber bei Anwenderfragen. Oder bei der Weitergabe von Kundenanforderungen oder Weiterentwicklungen untereinander. Da müssen mindestens im second level richtige Fachleute ran, am besten mit eigener Verwaltungserfahrung. Das geht sonst schief.

Philip Breuer, communalFM: Beim reinen systemtechnischen Support sind wohl keine Einbußen zu befürchten. Allerdings sollte sich der Support eines CAFM-Anbieters nicht darauf beschränken aufzuzeigen, wie die Anwendung funktioniert, sondern wie man mit dieser arbeitet. In diesem Fall sind branchen- beziehungsweise. kommunalverwaltungstypische Kenntnisse abermals als Vorteil zu werten.

Marc Kodetzki, IP Syscon: Entscheidend für die Qualität des Supports ist das fach- und branchenspezifische Know-How des Supports. Darauf legen wir besonderen Wert: Jeder Support-Mitarbeiter wird branchenspezifisch ausgebildet und entsprechend eingeteilt. Auf Grundlage dessen gibt es bei unserem Support keine qualitativen Einbußen – auch wenn die IP SYSCON GmbH neben Kommunen auch anderen Branchen mit CAFM-Lösungen bedient.

Michael Härtig, N+P: Nein, wenn das Support- und das Consultingteam das CAFM-System in der Tiefe kennt, sind keinerlei Einbußen zu befürchten. Wichtig ist allerdings, dass beispielsweise der Support nicht über ein externes Callcenter abgedeckt wird und das der Kundenzahl entsprechend eine Anzahl an Supportmitarbeitern gegenüber steht.


CAFM-News: Wie wesentlich ist im kommunalen CAFM das Thema Lebenszyklus-Management und beeinflusst es unter Umständen die CAFM-Performance negativ?

Marc Kodetzki, IP Syscon: Im kommunalen CAFM spielt nach unserer Erfahrung das Thema Lebenszyklus-Management eine noch untergeordnete Rolle, wobei unser CAFM-System die Möglichkeiten dafür bietet. Aber letztlich ist es egal, welche Themen und Module im CAFM eingesetzt werden: Die Performance darf durch die eingesetzten Module innerhalb des CAFM nie negativ beeinflusst werden.

Michael Heinrichs, IMS: Reden wir doch mal Klartext: Den meisten Kommunen fehlt es an Mitteln, finanziell und auch personell. Jenseits der Marketing-Buzzwords rund um Lebenszyklus-Management geht es primär um Fragen der operativen Tätigkeiten. Wenn die sitzen, sind viele Kunden in der aktuellen Lage bereits mehr als zufrieden. Darüber hinaus bieten wir zum Beispiel die Beurteilung von erwarteten Bauteil-Lebensdauern an, um so auch zu erkennen, was auf den Kunden in 3, 5 oder 10 Jahren zukommt. Das hilft bei der mittel- und langfristigen Budgetplanung. Das will leider allzu oft nur niemand wissen. Die Haushaltssperre grüßt dann freundlich aus dem hier-und-jetzt, auch wenn dadurch viel Potential verloren geht.

Michael Härtig, N+P: Bei diesem Thema unterscheiden sich Kommunen nicht von anderen CAFM-Anwendern. Je tiefer die Betrachtung des Immobilienlebenszyklus erfolgt, desto mächtiger und oftmals schwerfälliger werden die Prozesse. Um die Prozesse dennoch beherrschen zu können, bedarf es umfangreiche Beratung bei der Projekteinführung sowie qualifizierte und geschulte Anwender. Ist das gewährleistet, können Kommunen vom Lebenszyklus-Management profitieren.

Philip Breuer, communalFM: Wir stellen fest, dass insbesondere durch den Umstand bedingt, dass viele kommunale Verwaltungen die Kernthematik des Facility Managements im Gegensatz zur freien Industrie erst relativ spät für sich entdeckt haben, deren Bedarf vielmehr auf die Abbildung/Erleichterung der Prozesse innerhalb der Nutzungs-/Betriebsphase und des damit einhergehenden Informationsaufbaus ausgerichtet ist, als auf die strategische Lebenszyklusbetrachtung ihrer Immobilien. Vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Entwicklungen ist es ist allerdings vorstellbar, dass sich die Betrachtung des Gebäudebestands hinsichtlich der Einbeziehung weiterer Lebenszyklusphasen ausweiten wird. Während sich der Bedarf bezüglich einer Lebenszyklusbetrachtung innerhalb der freien Industrie in erster Linie finanzstrategisch erklärt, wird sich der Fokus im kommunalen Bereich vor allem auf eine langfristige Fürsorgestrategie richten.


CAFM-News: Welche Systeme sind bei kommunale Anwender verbreiteter – Festinstallationen oder Cloud-Lösungen?

Philip Breuer, communalFM: Absolute Zahlen sind schwer zu ermitteln, allerdings stellen wir fest, dass Festinstallationen in den letzten Jahren häufiger durch webbasierte Anwendungen – der Begriff Cloud-Lösung muss insbesondere im kommunalen Bereich differenzierter betrachtet werden – abgelöst werden, als es anders herum der Fall wäre.

Marc Kodetzki, IP Syscon: Wir erleben aktuell ein großes Interesse an Cloud- und Hosting-Lösungen auch im kommunalen Umfeld, sodass unser bereits langjährig bestehendes Angebot für solche Lösungen aktuell starke Zuwächse erlebt.
Generell muss aber festgehalten werden, dass Festinstallationen bei unseren kommunalen Kunden immer noch die Regel sind.

Michael Heinrichs, IMS: Definitiv Lösungen, die im Hause des Kunden laufen. Wir haben zwar auch einige Cloud-Installationen, aber im Sinne einer bezahlbaren Integration sind diese nicht die optimale Lösung – alleine um eine Echtzeit-Schnittstelle zum Kassenverfahren zu realisieren, fehlen oft die Kapazitäten der kommunalen IT.

Michael Härtig, N+P: Im kommunalen Umfeld sind Installationen im eigenen Haus am meisten verbreitet. Gründe hierfür sind u. a. der Wunsch nach der Datenhoheit im eigenen Haus, die individuellen Anpassungen und die oftmals tiefen Integrationen in die vorhandene IT-Landschaft.


CAFM-News: Und welche Systeme sind besser für kommunale Anwender geeignet?

Marc Kodetzki, IP Syscon: Diese Frage kann pauschal nicht beantwortet werden. Es hängt immer von der spezifischen Situation und den technischen Rahmenbedingungen der Kommune ab. Des Weiteren sind nach wie vor datenschutzrelevante Sachverhalte bei vielen Kommunen ungeklärt und auch die Einbettung des CAFM in die Systemlandschaft der kommunalen Anwender spielt eine große Rolle. Entscheidend für uns ist, dass wir alle Varianten anbieten können: Festinstallationen, Cloud- und Hosting-Lösungen.

Michael Heinrichs, IMS: Stimmt, das kann man so nicht ohne weiteres sagen. Sicherlich gibt es Anbieter, die sich auf Cloud-Lösungen für Kommunen spezialisiert haben – und das alles mag für kleinere Kommunen sicherlich seine Daseinsberechtigung haben – allerdings sollte man immer auf die individuellen Ansprüche achten. Meiner Meinung gibt es nicht „die bessere Lösung“.

Philip Breuer, communalFM: Kommunale Entscheidungsträger erkennen immer häufiger, dass sich die Verwaltung und Bewirtschaftung ihres äußerst heterogenen Gebäude- und Liegenschaftsbestands über mehrere Fachbereiche erstreckt und die entsprechenden Informationen nicht nur an einer Stelle ausgewertet, sondern zudem von vielen Stellen aus zugearbeitet werden sollen. Der Trend geht also verstärkt in Richtung von vernetzten und flexibel skalierbaren Lösungen unter Einbeziehung der Möglichkeiten, welche sich aus dem Siegeszug und der Akzeptanz von mobilen Endgeräten ergeben.

Michael Härtig, N+P: Das hängt von der Größe der Kommune beziehungsweise den Anwendungsszenarien ab. Einfache Standardabläufe würden sich als Cloud-Lösung anbieten. Die Wünsche sind jedoch oft so komplex und vielschichtig, dass eine Festinstallation die bessere Wahl ist.


CAFM-News: Welchen Tipp würden Sie einem kommunalen Kunden, der mit CAFM liebäugelt, mit auf den Weg geben?

Philip Breuer, communalFM: Auf jeden Fall sollte sich eine interessierte Kommune Erfahrungsberichte von in Größe und Struktur vergleichbaren Verwaltungen einholen, welche eine CAFM-Einführung bereits erfolgreich vorgenommen haben. Da sich die Einführung eines CAFM-Systems aus dem konkreten Bedarf ergeben sollte, muss sich die Ausrichtung der Anwendung auch unbedingt an diesem orientieren. Zudem sollte das Augenmerk nicht rein auf die Software, sondern auf das Gesamtprojekt gelegt werden, inklusive Datenerfassung, Implementierung, etc. Eine auf den ersten Blick augenscheinliche Vergleichbarkeit der Vielzahl an CAFM-Systemen auf dem Markt wird sich in diesem Fall schnell auf eine überschaubare Anzahl an passenden Anbietern reduzieren.

Michael Härtig, N+P: Bilden Sie zu Beginn eine kleine, schlagkräftige sowie entscheidungsbefugte Arbeitsgruppe und klären Sie die Zuständigkeiten. Entscheiden Sie gemeinsam, ob Sie Unterstützung durch einen Berater benötigen oder ob Sie im Alleingang die Ausschreibung angehen möchten. Achten Sie darauf, dass die Aufgabenstellungen überschaubar bleiben und versuchen Sie nicht, die allumfassende Kommunal-Lösung auszuschreiben. Schreiben Sie das aus, was sie wirklich benötigen und gehen Sie Prozesse Schritt für Schritt an.

Marc Kodetzki, IP Syscon: Wichtig ist, die eigenen Anforderungen und die spezifischen technischen und organisatorischen Rahmenbedingungen zu klären und zu formulieren. Erst danach macht es Sinn, den Markt zu sichten und einen geeigneten Anbieter auszuwählen.
Vor allem die Einbettung des CAFM in die bestehende IT-Landschaft ist von Bedeutung: Ist das CAFM-System kompatibel beziehungsweise gibt es Schnittstellen zur bestehenden Finanz-IT, zum GIS und CAD sowie ist der Einsatz von mobilen Lösungen angedacht.

Michael Heinrichs, IMS: Bei einer Aufteilung des Immobilienmanagements auf verschiedene Ämter stellt die gemeinsame Aufgabenstellung bei einem CAFM-Projekt eine elementare Voraussetzung für ein erfolgreiches Projekt dar.
Eine ämterübergreifende Darstellung der immobilien-bezogenen Prozesse mit Aufgaben, Synergien und Einsparpotenzialen bildet die Grundlage. Ein Amt sollte daher die Projektleitung übernehmen, zum Beispiel Hochbau mit der IT-Abteilung. Ist die Gebäudebewirtschaftung als Gesamtaufgabe in eine eigenständige ämterunabhängige Organisationsform, beispielsweise als kommunaler Eigenbetrieb überführt worden, ist eine ganzheitliche Sicht auf die Immobilien bereits zur Aufgabenstellung geworden.
Die Feststellung der benötigten Daten stellt eine elementare Grundlage bei der Projektvorbereitung dar. Dabei spielt die Quantifizierung und die Qualität der Bestandsdaten als Ausgangsposition eine entscheidende Rolle. Aus diesen Ergebnissen wird ein Maßnahmenplan entwickelt werden, aus dem durch verfügbare Mittel und personelle Ressourcen ein Zeitplan abgeleitet werden kann. Refinanzierungsaspekte können in diese Planung einfließen.

Für neu entstehende Daten im Zuge von Datenerfassung, Baumaßnahmen und so weiter muss eine bindende Dokumentationsrichtlinie erstellt werden. Diese muss sowohl den Bedarf der Hochbauabteilung – Stichwort Bauamt – abdecken, als auch die Anforderungen der Facility Management Aufgaben erfüllen.

Die Vorgehensweisen und die Verantwortlichkeiten im Bereich der Datenpflege werden spätestens kurz vor dem Projektstart festgelegt. Ebenso die Zusammenführung aller bestehenden Informationen und Datenbestände zum Thema Immobilien, die Erstellung digitaler Informationen und systematische Bestandserfassung.
Wenn das alles geschafft ist, stehen dem kommunalen wie jedem anderen Kunden viele Möglichkeiten offen – bis dahin ist es oft ein nicht immer einfacher Weg. Aber der lohnt sich.


Abbildungen: Hersteller

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