BAG lockert Regeln für Video-Überwachung von Arbeitnehmern

Das Bundesarbeitsgericht hat jetzt die Rechte von Arbeitgebern bei der Video-Überwachung von Mitarbeitern gestärkt

Das Bundesarbeitsgericht hat jetzt die Rechte von Arbeitgebern bei der Video-Überwachung von Mitarbeitern gestärkt



CAFM-NEWS – Von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen, hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) vor wenigen Tagen die Vorgaben für die Überwachung von Mitarbeitern mittels Videokameras gelockert. Hintergrund war ein Streit zwischen dem Besitzer eines Kiosks und einer Verkäuferin.

Die Frau hatte in dem Kiosk einen 450-Euro Job und war erst wenige Monate für den Kiosk-Besitzer tätig. Dieser hatte vier Video-Kameras offen aufgestellt, um potenzielle Ladendiebe zu entlarven. Auf den bis zu sechs Monate alten Videos entlarvte er statt dessen seine neue Kraft, die offenbar die Kasse in ihren Schichten Stück für Stück um rund 10.000 Euro erleichtert hatte. Die Frau erhielt eine fristlose Kündigung, ausgesprochen am 13. August 2016 (übrigens einem Samstag).

Gegen die fristlose Kündigung klagte die Mittvierzigerin. Denn ihr Arbeitgeber hatte sie nicht auf frischer Tat ertappt. Die von ihm verwendeten Video-Aufzeichnungen seien stattdessen bis zu sechs Monte alt gewesen, weshalb ein Beweisverwertungsverbot greife.

Auf den Bändern zu sehen war, dass die Frau Geld für verkaufte Zigaretten in die Lottokasse legte, mit dieser in einem benachbarten privaten Raum ging und kurz darauf mit der Kasse in der anderen Hand wieder heraus kam. Das ist zwar nur ein Indiz, und die Frau klagte – anfänglich mit Erfolg:

Das Arbeitsgericht Iserlohn und auch das Landesarbeitsgericht Hamm gaben der Klägerin Recht. Sie urteilten übereinstimmend, der Arbeitgeber hätte die Aufnahmen zeitnah sichten und sofort danach löschen müssen. Die lange Aufbewahrungszeit sei ein Verstoß gegen den Datenschutz, weshalb das erwähnte Beweisverwertungsverbot bestehe, so die Juristen.

Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt sah das jetzt anders. Sie entschieden, dass Video-Aufzeichnungen aus Geschäften nicht täglich kontrolliert werden müssen. Vielmehr dürfe ein Arbeitgeber das Bildmaterial aufbewahren bis ein berechtigter Anlass bestehe, es zu analysieren, so die Richter. In Hamm muss jetzt neu verhandelt werden.

Die Begründung aus Erfurt macht es Arbeitgebern leichter, zukünftig auch ältere Video-Aufzeichnungen als Beweismittel für Fehlverhalten der Mitarbeiter zu nutzen und Diebstähle oder andere Verfehlungen beweissicher zu belegen. Der einzige Haken am Urteil: Eine maximale Aufbewahrungsdauer gaben die Richter nicht an, so dass ein Stückchen Grauzone übrig geblieben ist.

Das Aktenzeichen des Urteils: 2 AZR 133/18.

Nachtrag: Das Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt ist für Handlungen nach Inkrafttreten der DSGVO vermutlich nicht anwendbar, da der verhandelte Fall bereits zwei Jahre zurück liegt.



Abbildungen: Bundesarbeitsgericht




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2 Antworten

  1. Guten Tag Herr von Unold,
    vielen Dank für den Hinweis auf die FAZ. Online konnte ich das Interview dort leider nicht finden. Hätten Sie einen Link parat?
    Vielen Dank und freundliche Grüße
    Thomas Semmler

  2. Das ist eine Falschmeldung! Der Datenschutzbeauftrage des Landes BW hat dazu in der FAZ ein ausführliches Interview gegeben. Das BAG hat in einem Einzelfall ermöglicht dass eine Kündigung auf die Überwachung gestützt wird. Trotzdem bleibt die Maßnahme illegal und ist keine Grundsatzentscheidung.

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